Effektivität der Einkommenssicherung im Alter im internationalen Vergleich
‚Good Governance‘ in der Alterssicherung: Ziele, Kriterien und Messung
Das Hauptziel der wohlfahrtsstaatlichen Alterssicherung besteht zuerst darin, Not und Armut für ältere oder erwerbsunfähige bzw. behinderte Bürger (sowie ihren Hinterbliebenen) zu vermeiden und darüber hinaus eine möglichst große soziale Teilhabe, Lebensqualität oder Wohlfahrt zu garantieren, ohne dass die Betroffenen gezwungen sind weiter zu arbeiten oder Unterstützungen bei Familien, Freunden oder Nachbarschaft in Anspruch nehmen zu müssen. Daneben sind aber auch Ziele der ökonomischen Effizienz und Leistungsgerechtigkeit (Äquivalenzprinzip) sowie der ‚Nachhaltigkeit‘ zu beachten.
Ausgaben, soziale Teilhabe, Armut und Wohlfahrt im Alter
Oft wird das Ausmaß der sozialen Sicherung oder des Wohlfahrtsstaats rein ökonomisch als Höhe der Sozialausgaben (hier für Alterssicherung) pro BIP oder pro Kopf bestimmt.
Indes zeigen die Sozialausgaben das Ausmaß sozialer Teilhabe (oder des Ausschlusses, der Exklusion davon) nur sehr ungenügend: So können Ausgaben steigen, trotzdem Leistungskürzungen zu konstatieren sind, wenn etwa die Zahl der Bedürftigen infolge der Alterung der Bevölkerung, Arbeitslosigkeit oder Armut ansteigt oder die Wirtschaftskraft sinkt. Deshalb sind soziale Teilhaberechte aussagekräftiger für die Effektivität wohlfahrtsstaatlicher Leistungen (Esping-Andersen, 1990). Das Verständnis sozialer Teilhabe, respektive sozialer Ungleichheit und Armut als Ausschluss davon (‚Exklusion’), divergiert zwar, die Dimensionen von Einkommen, Bildung und Kultur, Gesundheit, Soziale Beziehungen und Anerkennung sowie politische und soziale Rechte – entsprechen allerdings allgemein anerkannten Rechten laut UN und sie zeigen eine große interkulturelle Ähnlichkeit und Gültigkeit (Clark, 2005; Noll, 2000). Ähnlich hebt Amartya Sen auf ‚Capabilities’ ab (Sen, 1987). Dem folgt die UN mit dem Human Development Index (HDI), eine addierte Bewertung, die Wohlfahrt anhand der gleichwertig eingehenden Bewertung der Dimensionen Gesundheit, Bildung und Einkommen abbildet: Gesundheitliche Wohlfahrt wird gemessen als mittlere Lebenserwartung bei Geburt; Bildung anhand der Rate der Lesekenntnisse von Erwachsenen und der Bevölkerung mit ‚vollem’ (tertiärem) Schulbesuch (im Verhältnis 2:1); ökonomische Entwicklung als angepasstes BIP/Kopf.
Neben
objektiv beobachtbaren Verhältnissen ist auch die subjektive Wahrnehmung, Zufriedenheit oder das Wohlbefinden relevant, beides muss nicht übereinstimmen (
Noll, 2000).
So äußern Ältere und sozial Benachteiligte oft eine große Zufriedenheit mit der Lebensqualität, trotz objektiv prekärer Verhältnisse (Adaption), während Privilegierte sich nicht selten kritisch zeigen (Dissonanz). Entsprechend ist die Korrelation zwischen ökonomischer Wohlfahrt (BIP/Kopf) und dem subjektiven Wohlbefinden nicht immer so stark positiv wie erwartet; zudem scheint es einen abnehmendem ‚Grenznutzen‘ der wirtschaftlichen Entwicklung für die subjektive Lebensqualität zu geben; dennoch korrelieren im Großen Ganzen höhere Einkommen, bessere Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten und eine gute familiär-soziale Einbindung positiv, untereinander und mit der subjektiven Lebensqualität (
World Value Survey;
Stevenson/Wolfers 2008).
Eine wesentliche Determinante des Wohlbefindens ist die soziale Ungleichheit, mit relativem Wohlstand oder Reichtum auf der einen und relativer Deprivation oder Armut auf der anderen Seite, zugleich das zentrale Kriterium der Leistungsfähigkeit oder Effektivität von Wohlfahrtsstaaten. Soziale Ungleichheit lässt sich als systematische, nicht natürliche oder zufällig verteilte Konzentration wertvoller Lebensbedingungen und Fähigkeiten von Menschen oder Gruppen aufgrund ihrer Machtposition in gesellschaftlichen Beziehungsgefügen verstehen (Hradil, 2004: 195 f.). Dazu wird in ökonomisch entwickelten Ländern primär auf Einkommen oder Vermögen und deren Verteilung abgehoben und z.B. mithilfe des Gini-Koeffizienten gemessen, der zwischen 0 (völlige Gleichverteilung) und 1 (völlige Ungleichheit) streuen kann. Andere Verteilungsmaße wie das Verhältnis der Einkommensanteile von Reichsten zu den Ärmsten kommen hinzu. In Wohlfahrtsstaaten wird Armut in der Regel als ‚relative Einkommensarmut‘ verstanden, die nach einer normativen Übereinkunft bei einer Grenze von 40-60% des mittleren nationalen Nettoäquivalenzeinkommens beginnt. Zur Berechnung wird laut OECD die Summe der Nettoeinkommen aller Haushaltsmitglieder dividiert durch die Zahl der Personen im Haushalt, wobei der erste Erwachsene mit 1, jedes weitere Haushaltsmitglied über 15 Jahren mit 0,5 und Kinder bis 14 Jahre mit 0,3 einbezogen werden. Allerdings sollten nicht nur ökonomische Ressourcen, sondern auch die genannten Dimensionen wie Bildung, Gesundheit etc. als Teil der sozialen Ungleichheit beachtet werden. So bestimmt die UN Armut mehrdimensional, nach unterschiedlichen Kriterien für reiche und arme Länder: Der Human Poverty Index (HPI) 1 misst Armut in ärmeren Ländern bzgl. der Dimension Gesundheit anhand der Wahrscheinlichkeit, bei Geburt kein Alter von 40 Jahren zu erreichen, Bildung als Rate der Analphabeten unter Erwachsenen und den ökonomischen Lebensstandard als Anteil der Menschen mit schlechter Wasserversorgung sowie dem Anteil unterernährter Kinder. Für reiche Länder misst der HPI-2 die Wahrscheinlichkeit, bei Geburt keine 60 Jahre alt zu werden (Gesundheit), Bildung als Anteil Erwachsener mit Leseschwäche und Ökonomie als Anteil der Bevölkerung unter der relativen Armutsgrenze sowie der Rate Langzeitarbeitsloser.
Dekommodifizierung und Defamilialisierung
Ferner lässt sich die Generosität der wohlfahrtsstaatlichen Alterssicherung und das garantierte Recht auf Soziale Teilhabe im Alter, auch unabhängig vom Markt, durch den ‚Dekommodifizierungsindex‘ (Esping-Andersen, 1990: 54) bestimmen. Der Wohlfahrtsstaat reguliert mit seinen Leistungen wie der Rente nicht nur die soziale Ungleichheit und Armut, sondern er mindert den Zwang, seine Arbeitskraft am Markt als Ware (Commodity) bis ins hohe Alter oder bis zum Tod einzusetzen. Der Index der Dekommodifizierung umfasst neben der Höhe der Lohnersatzraten der Renten die Reichweite, Zugangsvoraussetzungen und die vorausgesetzten Beitragszahlungen als Merkmale der ‚Generosität’ der Alterssicherung, und zwar im einzelnen:
-
1)Lohnersatzrate der Grund- oder Mindestrente ohne Erwerbsbiographie und Beitragszahlungen, bezogen auf durchschnittliche Lohneinkommen,
-
2)Lohnersatzrate bei Normalarbeitnehmern mit normaler Erwerbsbiographie und Durchschnittseinkommen;
-
3)die vorausgesetzte Beitragsdauer und
-
4)den Anteil der Beiträge an den Gesamtausgaben;
Dabei werden jeweils Werte von 1-3 vergeben, die Summe wird mit dem Anteil der Rentenempfängern in Relation gesetzt und ferner wird die Frage der Bedarfsprüfung zur Gewichtung einbezogen. Dieser viel diskutierte Index der Dekommodifizierung (ähnliche gibt es für Krankheit und Arbeitslosigkeit, die in einen Summenscore münden) wurde von Scruggs & Allan mit Daten repliziert und durch einen allerdings ähnlichen ‚Generosity-Index’ ersetzt (Scruggs/Allan, 2006; Scruggs, 2006).
Dazu kommt die durch den Staat garantierte soziale Teilhabe unabhängig von Familien, die ‚Defamilialisierung‘, die Esping-Andersen 1990 schon erwähnte, jedoch erst später näher bestimmte (Esping-Andersen, 1999), und zwar anhand: 1) Anteil der Ausgaben für soziale Dienste am BIP, 2) Gesamtwert der Familienleistungen und Steuererleichterungen, 3) Anteil der Betreuungsplätze für unter 3-Jährige und 4) Anteil der über 65-Jährigen, die ambulante Pflegeleistungen in Anspruch nehmen; zudem bewertet er den ‚Familialismus‘ eines Landes nach: 1) dem Anteil älterer Menschen, die mit Kindern leben, 2) dem Anteil erwerbsloser Jugendlicher, die bei ihren Eltern wohnen und 3) der durchschnittlichen Anzahl unbezahlter Wochenarbeitsstunden von Frauen. Er konzipierte diese wohlfahrtsstaatliche Dimension vor allem im Bezug auf Soziale Dienste und als Ergänzung. Indes weist allerdings auch die Rente eine wichtige Wirkung der ‚Defamilialisierung‘ auf, weil Kinder dadurch kaum noch für die ökonomische Absicherung ihrer Eltern eintreten müssen und auch Frauen im Alter tendenziell unabhängig von ihren Ehemännern leben können. Eine Folge der Rentenzahlungen ist z.B. auch, dass das früher v.a. ökonomisch erzwungene gemeinsame Wohnen Älterer mit ihren erwachsenen Kindern nur noch selten vorkommt und dass Transfers zwischen den Generationen in der Familie heute in der Regel nur noch von Eltern zu ihren Kindern und von Großeltern zu Enkeln fließen, kaum noch umgekehrt.
Empirische Befunde
Abdeckung / Reichweite
Zunächst hat sich die Reichweite der wohlfahrtsstaatlichen Alterssicherung seit den zarten Anfängen des 20. Jahrhunderts, als nur wenige Arbeitnehmer erfasst und schlecht abgesichert waren, erheblich ausgeweitet. Heute ist die grundsätzliche Abdeckung durch öffentliche Systeme der Alterssicherung, bis auf Ausnahmen wie Australien (laut Scruggs sind dort nur 66% der Bevölkerung abgedeckt), Österreich (dort seien es nur 86%) und den USA (93%), mehr oder weniger vollständig und selbstverständlich (Scruggs, 2006: 359 f.).
Armutsvermeidung, soziale Ungleichheit und Grundrenten
Entscheidend ist aber weniger das ‚Ob‘ als das ‚Wie‘, d.h. die Leistungsfähigkeit der Alterssicherung im Sinne der Effektivität:
Im Mittel blieben in den OECD-Ländern im Jahr 2000 etwa 15% der Älteren unter der relativen Armutsgrenze von 50% des mittleren nationalen, nach Haushaltsgröße normierten, Nettoeinkommens, in Deutschland waren es gut 10% der Senioren. Besonders fällt die erstaunlich ‚armutsfeste‘, christdemokratisch geprägte Niederlande auf und auch das dem konservativen Typus zuzuordnende Frankreich sowie das eher liberal geprägte Kanada zeigen überraschend geringe Quoten der Altersarmut. Die Vermeidung von Altersarmut und Minderung sozialer Ungleichheit werden aber dennoch im Großen und Ganzen besser durch
linke oder sozialdemokratische Regime wie in Schweden erreicht; dagegen nehmen liberal geprägte Regime wie die USA eher höhere Werte der Ungleichheit in Kauf.
Allerdings wirkt die Parteiendifferenz stärker auf die soziale Ungleichheit (R=-0,69), weniger die Armutsvermeidung (R=-0,25), obwohl auch beide abhängigen Variablen miteinander korrelieren(R=0,64, sign. 0,05). Zwar korreliert die Altersarmut in den OECD-Staaten negativ mit der Höhe staatlicher Mindestrenten (Lohnersatzraten), aber schwach (R2=0,394, p<0,013).
Im Mittel scheinen die Mindestrenten in den Staaten des sozialdemokratischen Regimetypus mit ca. 50% des mittleren Nettoeinkommens zwar etwas höher als jene des liberalen Regimes, die nur ca. 40% als minimalen Lohnersatz im Alter (bei fehlender Erwerbstätigkeit) bieten. Allerdings streuen diese und auch jene der Vertreter des konservativen Regimes stark. Zudem holen letztere in ihrer Generosität auf, ja sie ziehen mit den Vertretern des sozialdemokratischen Regimes gleich oder übertreffen diese (wie die Niederlande), auch weil erstere seit Mitte der 1980er Jahren ihre Generosität der Mindestsicherung im Alter stark einschränkten.
Allerdings drängen sich auch Zweifel bezüglich der Datenqualität auf: Scruggs weist Lohnersatzraten der Mindestrenten (ohne Erwerbsbiographie) und Standardrenten (volle Erwerbsbiographie mit mittleren Einkommen), für Singles und Ehepaare mit zwei Kindern aus; hier als Mittelwerte gerechnet (
Scruggs, 2006.). So bezog Scruggs bei Deutschland nur den Regelsatz der Grundsicherung ein, ohne Zuschüsse für Miete und Heizung. Mit letzteren lag die Grundsicherung im Jahr 2010 aber bei ca. 700 €/Monat für Singles und 1.100 € für Paare (ohne Kinder) (
www.sozialpolitik-aktuell.de), also nur knapp unter der 50%-Grenze des mittleren äquivalenten Nettoeinkommens von 891 € des Jahres 2007 und der relativen Armutsgrenze (
DIW, SOEP), jedenfalls weit über der durch Scruggs ausgewiesenen Rate von 21%. Auch fällt die USA auf, mit einer hohen Altersarmut trotz relativ hoher Sozialrenten, was auf Lücken in der Abdeckung der Bevölkerung oder eben mangelhafte Daten hinweist. Die Werte für die USA erscheinen nämlich auch mit Blick auf den De-Kommodifizierungsindex von Esping-Andersen (1990) erstaunlich hoch, zudem berichten Scruggs/Allan noch für 1980 für die USA nur eine Lohnersatzrate von 15% (
Scruggs/Allan, 2006: 59), Scruggs weist für 1971 noch 0 und 1986 mit 42% aus (
Scruggs, 2006: 354). Finnland und Schweden fallen dagegen mit niedrigen Armutsraten auf, trotz laut Scruggs nur relativ moderater Mindestrenten.
Bei der Generosität der Sozialrenten scheint es unabhängig vom parteipolitischen Einfluss auch eine aufholende Entwicklung und Anpassung zu geben: Das relative Wachstum der Lohnersatzraten zwischen 1975 und 2000 fiel umso geringer aus, je höher der Ausgangstand war (R2=0,70). Ungeachtet dessen bleibt aber auch eine ‚Pfadabhängigkeit’ der Lohnersatzraten der Sozialrenten, deren Stand von 2000 immer noch stark positiv mit dem von 1980 korreliert (Pearson r=0,71; rsrho=0,68, p <0,01, N=17, ohne Deutschland, Griechenland, Spanien). Keine signifikanten Einflüsse lassen sich dagegen von der Alterung der Bevölkerung oder der wirtschaftlichen Entwicklung auf die Höhe der Grundrenten in der OECD berichten, was gegen funktionalistische Annahmen und die These von ‚new politics’ spricht. Dabei geht das von Marktapologeten gepriesene Wirtschaftswachstum sogar eher mit einer stärkeren Altersarmut einher (BIP/Kopf in laufenden Preisen, Kaufkraftparitäten; R=0,453, p <0,059).
Generosität von Standardrenten
Bei den Standardrenten mit vollständigem Erwerbsverlauf und mittleren Einkommen liegen die Vertreter des konservativen Regimetypus mit im Mittel ca. 70% Lohnersatz sogar vor jenen des sozialdemokratischen Regimes (ca. 60%); Nachzügler bilden aber erneut die Vertreter des liberalen Regimes mit ca. 50-55% Lohnersatz, wobei aber wiederum eine große Streuung unabhängig vom Regimetypus und der parteipolitischen Prägung zu verzeichnen ist.
Die Lohnersatzraten der Renten im Jahr 2000 und der mittlere Anteil an Linksparteien in der Regierung (1950-2000) korrelieren aber noch schwach positiv, etwas stärker für die früheren Jahre. Die Wende in der Rentenpolitik sozialdemokratischer Regime zeigt auch Folgendes: So korreliert die Veränderung der Lohnersatzrate zwischen 1950 und 2000 schwach negativ mit der Regierungsbeteiligung von Linken/Sozialdemokraten, die vor allem in neuerer Zeit bei der Rentenpolitik für Normalarbeitnehmer auf einen restriktiveren Kurs einschwenkten. Letzteres wird auch an der ‚Rot-Grünen‘ Regierungszeit Schröder und ihrer Reformpolitik deutlich, die neben Kürzungen eine Stärkung staatlich subventionierter ‚privater Vorsorge‘ und Versicherungen vorsah.
In Deutschland betrug die Standardrente im Jahr 2005 ca. 1.069 €/Monat. Auffällig sind wiederum die Ausreißer Kanada sowie Japan, aber auch die USA mit recht hohen Lohnersatzraten, was erneut Zweifel an der Datenqualität sät, auch mit Blick auf die durch die OECD für 2006 berichteten Netto-Lohnersatzraten (trotzdem diese nur für Singles gelten und einen zeitlichen Abstand aufweisen; an anderer Stelle wurde für die USA für 1980 ein Lohnersatz der Standardrente von nur 55,6%, Scruggs/Allan, 2006, für 1971 von 51% u. 1986 nur 52% berichtet, Scruggs, 2006: 354). Auch aufgrund derartiger Zweifel verzichte ich auf die Wiedergabe der Summe der durch Scruggs & Allan berechneten Dekommodifizierungsindizes, die im Jahr 2000 nur noch schwach positiv mit dem Anteil der Linksparteien (R2=0,25-0,30) korrelieren.
Im Übrigen kann auch bei der Entwicklung der Standardrenten die These der Pfadabhängigkeit und Eigendynamik gestützt werden: Die Lohnersatzraten des Jahres 2000 korrelieren stark positiv mit jenen des Jahres 1980, d.h. Länder, die 1980 relativ hohe Standardrenten gewährten, liegen auch 2000 hoch und umgekehrt (Pearson r=0,746; rsrho=0,765, sign. auf einem Niveau von 0,01). Dagegen gab es hier keine aufholende Entwicklung. Die Alterung der Bevölkerung und die wirtschaftliche Entwicklung wirkten sich nach den vorliegenden Daten nicht signifikant auf die Lohnersatzraten der Standardrenten aus. Insgesamt spielen bei der Generosität der Alterssicherung politisch-ideologische sowie institutionelle und kulturelle Aspekte, die sich in unterschiedlichen Levels der Großzügigkeit der Rentensysteme wohlfahrtsstaatlicher Regime ausdrücken, eine bedeutendere Rolle als der Druck der Demographie oder Ökonomie (so auch (Castles, 2004: 129 ff.). Nur schwach positiv wirken der Stand und die Veränderung der Wirtschaftskraft (BIP/Kopf) auf die Ausgaben für Alterssicherung und Hinterbliebene im Jahr 2005 und auf deren Veränderung von 1980-2005 (Tabelle). Zwar korrelieren diese stark mit der Alterung der Bevölkerung (R2=0,70), was aber eben nicht bedeutet, dass es keine politischen Alternativen mehr gäbe.
Literatur
Esping-Andersen, Gosta (1990): The three Worlds of Welfare Capitalism, Princeton Univ. Press, Princeton.
Castles, Francis G (2004): The future of the welfare state: crisis myths and crisis realities, Oxford Univ. Press, Oxford [u.a.].
Clark, David A., Group, Global Poverty Research (Ed.) (2005): The Capability Approach: Its Development, Critiques and Recent Advances, Global Poverty Research Group Working Papers, GPRG-WPS-032.
Esping-Andersen, Gøsta (1999): Social foundations of postindustrial economies, Oxford Univ. Press, New York [u.a.].
Hradil, Stefan (2004): Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich, VS, Verl. für Sozialwiss, Wiesbaden.
Noll, Heinz-Herbert (2000): Konzepte der Wohlfahrtsentwicklung: Lebensqualität und “neue” Wohlfahrtskonzepte, WZB, Querschnittsgruppe Arbeit und Ökologie, Berlin. http://skylla.wzb.eu/pdf/2000/p00-505.pdf.
Sen, Amartya (1987): The standard of living: the Tanner lectures, Clare Hall, Cambridge, 1985, Cambridge Univ. Pr, Cambridge [u.a.].
Scruggs, Lyle (2006): The generosity of social insurance, 1971 - 2002. Oxford review of economic policy Vol. 22, No. 3, 349-364.
Scruggs, Lyle/Allan, James P. (2006): Welfare-state decommodification in 18 OECD countries: a replication and revision. Journal of European Social Policy Vol. 16, 55-72.
Stevenson, B./Wolfers, J. (2008): Economic growth and subjective well-being: Reassessing the Easterlin Paradox, National Bureau of Economic Research, http://www.nber.org/papers/w14282.