Wirkungsorientierte Steuerung / Qualitätsmanagement

Die Qualität sozialer Hilfen und Dienstleistungen ist vielfach nur sehr unzureichend, so z.B. in der Altenhilfe und Altenpflege, wo u.a. Mangelernährung oder Dekubitus verbreitet sind (Garms-Homolová/Roth 2004, Roth 2007). Diese beklagenswerte Zustände resultieren v.a. daraus, dass die Steuerung und Kontrolle der Hilfen lange vernachlässigt wurde und dass so etwas wie ‚Qualitätssicherung‘ und Qualitätsmanagement‘ im Sozialsektor bis heute stark unterentwickelt ist.

Im Vordergrund stand bis Mitte der 1990er Jahre bei sozialen Hilfen und Diensten fast ausschließlich die Orientierung am ‚input‘ und den Strukturen der Hilfsorganisationen selbst. Häufig dominierte zudem eine passive, reaktive Verwaltung und Beherrschung sozialer Probleme und eine eher ‚verwahrende‘ denn tatsächlich erziehende, sozial integrierende oder gut pflegende Unterbringung in Institutionen wie Jugend-, Alten- oder Behindertenheimen. Insgesamt herrschte implizit die nicht weiter überprüfte Annahme, dass ein bestimmter ‚input‘, also eine Institution mit Personal, Sachmittel, Geld (Strukturen) und die – nicht näher definierten – Hilfen (Prozesse) auch irgendwie die gewünschte Wirkung im Hinblick auf bestimmte Ziele (Soll) bewirken würde (outcome oder ‚Ergebnisqualität‘). Weder Ziele noch Prozesse oder Ergebnisse wurden und werden in der Sozialarbeit, Altenhilfe und Pflege in der Regel aber systematisch geplant und evaluiert. In diesen Disziplinen dominiert ein häufig ‚polypragmatisches‘, intuitives und diffuses Vorgehen, gestützt auf eine wenig rational oder wissenschaftlich reflektierte und begründete ‚Erfahrung‘, so dass Prozesse und ihre Wirkungen im einzelnen nicht evidenzbasiert gesichert werden, obwohl sie als ‚professionell‘ behauptet werden.

Vor diesem Hintergrund zielt eine ‚wirkungsorientierte‘ Steuerung auf professionelle, evidenzbasierte Prozesse, welche eine erwünschte Ergebnisqualität, gemessen an den jeweiligen Zuständen, Fähigkeiten oder Befinden (z.B. Lebensqualität, soziale Integration usw.) der Hilfsbedürftigen oder Klienten bewirken. Nur wenn diese und die erwünschten Ergebnisse im Zentrum des ‚Qualitätsmanagements‘ stehen und evidenzbasiert, also objektiv, valide und reliabel, nachweisbar ist, welche Strukturen und Prozesse der Hilfen zu welchen Ergebnissen führen, sollte von ‚Qualitätsmanagement‘ gesprochen werden. Zwar ist die erwünschte Qualität sozialer Hilfen und Dienste aufgrund einer komplexen Interaktion und der ‚uno actu‘ erfolgenden ‚Herstellung‘ der Dienstleistung sowie infolge unterschiedlicher Perspektiven nur schwer mittels standardisierter Verfahren und Methoden zu bestimmen und zu steuern. Die Schwierigkeit darf jedoch nicht nur betont werden und  mit Unmöglichkeit gleichgesetzt werden. Denn in der Praxis erfolgt immer eine – wie auch immer begründete – Entscheidung über die Art und das Ausmaß der jeweiligen Hilfen oder Dienste in jedem Einzelfall einer Handlung. Ansonsten wird lediglich eine insuffiziente Praxis im Rahmen einer diffusen Qualitätsrhetorik weiter getrieben. 

Nachfolgend findet sich zunächst meine Präsentation, in der ich einen kritischen Überblick gebe und am Beispiel der Altenhilfe ein idealtypisches Modell der Qualitätsplanung und -sicherung, von a) Problemerkennung (Assessment) über b) Programm-/Interventions-/Hilfeplanung bis c) laufender Evaluation und Verbesserung aufzeige. Danach findet sich Grundlagenliteratur, zunächst allg. zur wirkungsorientierten Steuerung und Qualitätsmessung in Bezug auf den Öffentlichen Sektor und die Öffentliche Verwaltung (Makroebene), dann zum Qualitätsmanagement Sozialer Dienste (Mikroebene) und schließlich zu den Hintergründen des Assessment in der Altenhilfe (Mikroebene). Dabei sollte die hier und in meiner Präsentation erläuterte kritische Perspektive auf das herrschende Qualitätsmanagement und den ‚Stand der Künste‘ im Sozialsektor beachtet werden (dieses gilt v.a. für die Beiträge von Arnold und Meinhold, die noch kaum dem skizzierten Modell entsprechen).

Siehe Grundlagen dazu auch unter: Methoden.

Präsentation:

Roth, Günter: Wirkungs- und qualitätsorientierte Steuerung in der Altenhilfe (Präsentation), download (oa).

Basisliteratur (zum System wirkungsorientierter Steuerung auf der Makroebene):

Bouckaert, Geert (2006): Renewing Public Sector Performance Measurement, in: Jann, Werner/Röber, Manfred/Wollmann, Hellmut (Hg.), Public Management -- Grundlagen, Wirkungen, Kritik, Berlin: edition sigma, S. 119-131, download (cc).

Nullmeier, Frank (2005): Output-Steuerung und Performance Measurement, in: Blanke, Bernhard et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform (3. Aufl.), Wiesbaden: VS-Verlag, S. 431-444, download (cc).

Basisliteratur zum Qualitätsmanagement Sozialer Dienste / Sozialarbeit (Mikroebene)

Arnold, Ulli (2003): Qualitätsmanagement in Sozialwirtschaftlichen Organisationen, in: ders./Maelicke, Bernd (Hg.): Lehrbuch der Sozialwirtschaft (2. Aufl.), Baden-Baden: Nomos, S. 236-275, download (cc).

Meinhold, Marianne (2003): Qualitätssicherung in der Sozialen Arbeit: Plädoyer für einen eigenen Weg, in: Olk, Thomas/Otto, Hans-Uwe (Hg.): Soziale Arbeit als Dienstleistung, München: Luchterhand, S. 130-149, download (cc).

Qualitätsmessung und -steuerung am Beispiel der Altenhilfe (Mikroebene) (weiterführend):

Anliker, Markus/Bartelt, Guido/Rothgang, Heinz/Roth, Günter (Hg.) (2008): Handbuch RAI Homecare 2.0: Übersicht über das Instrument und Punkt für Punkt Anleitung zum Ausfüllen der MDS-HC-Formulare (Version für das Forschungsprojekt: „Verbesserung der Effektivität und Effizienz der ambulanten Pflege durch das Resident Assessment Instrument (RAI Home Care)“, übersetzt und bearbeitet von Markus Anliker, Guido Bartelt, Ruedi Gilgen, Bea Staudenmaier und Claudia Stolle nach der amerikanischen Originalversion RAI-HOME CARE (RAI-HC)© Assessment Manual for Version 2.0, June,1999 von John N. Morris et al.), Universität Bremen, Fachhochschule im Deutschen Roten Kreuz Göttingen, Q-SYS-AG St. Gallen, Download (kostenpflichtig, das Kennwort erhalten Sie nach Überweisung der Kostenpauschale umgehend per Email).







Skalen zu: Lebensqualität (EQ5D), Hilfebedarf bei Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL/ADL-Skalen), Einschränkungen kognitiver Performanz (Mini Mental State, Cognitive Performance Scale), verwendet im Projekt ‚Verbesserung der Effektivität und Effizienz in der ambulanten häuslichen Pflege‘ (Univ. Bremen/FH im DRK Göttingen) zur Messung der Hauptzielgrößen: Download (oa).