Verwaltungsreform: New Public Management und ‚Neue Steuerungsmodelle‘

In den letzten Jahren und Jahrzehnten betrieb eine liberal-konservative Offensive (die auch sozialdemokratische oder grün-alternative ‚Modernisierer‘ erfasste) die ‚Verschlankung‘ (oder den ‚Umbau‘) des als ‚ausgeufert‘, bürokratisch, undurchsichtig und leistungsschwach sowie bürgerunfreundlich erlebten Staates und seiner Organisationen. Mit der Privatisierungen und Stärkung von Wettbewerb sowie privat- und betriebswirtschaftlich inspirierten Konzepten des ‚New Public Management’ (NPM) soll zuerst der ‚moderne Staat‘ und die Verwaltung ‚schlank’ und ‚fit’ gemacht werden. Aber auch alle anderen Sozialen ‚Dienste’ sollen im Wettbewerb oder ‚Quasi-Wettbewerb’, basierend auf ‚Kontraktmanagement‘‚ ‚hergestellt‘ werden, wodurch eine effektive und effiziente Steuerung auch in den Bereichen der Sozial-, Jugend, Altenhilfe oder Arbeitsförderung möglich werde. Mit dem NPM wird ein Paradigmenwechsel deutlich, der auch die vom Sozialstaat weitgehend abhängigen privaten Nonprofit-Organisationen wie Wohlfahrtsverbände erfasst, wobei eine ökonomische und betriebliche Perspektive eine als ‚veraltet’ dargestellte rechtliche und politische Steuerung (und ihre Disziplinen) verdrängt – eine Entwicklung die im Rahmen einer breiten ‚Ökonomisierung des Sozialen‘ gesehen werden muss. Nicht zuletzt die Klientel des Sozialstaats soll nämlich aktiviert und gefordert oder ‚fit‘ werden, wozu neben den weicheren pädagogischen Methoden des ‚Empowerments‘, quasi mit der weicheren linken (weiblicheren) Hand des Staates, auch die ‚guten alten‘ Programme der ‚Härtung‘ in Form von Strafen und Sanktionen, quasi mit der härteren (männlichen) rechten Hand des Staates gehören. Der Paradigmenwechsel des ‚Sozialmanagement‘ zeigt sich nicht nur in der öffentlichen Sozialverwaltung, sondern auch in den ‚staatsnahen‘ privaten Wohlfahrtsverbänden und anderen Nonprofit-Organisationen. Auch diese sehen sich selbst zusehends als ‚Dienstleistungsunternehmen‘ oder ‚Betriebe‘, die sich im ‚Sozialmarkt‘ ‚aufstellen‘ oder ‚positionieren‘, ‚Sozialmarketing‘ betreiben usw.

Indes liegen in diesem Feld Sozialer Organisationen besondere Anforderungen bei der ‚Produktion‘ von ‚Kollektivgütern‘ und der politischen Bestimmung von Zielen, Leistungen, Qualität, Wirkungen und Kosten Sozialer Organisationen und Verwaltungen vor. Die bloße Übernahme betriebswirtschaftlicher Modelle und des NPM führt insofern entweder in die Irre oder sie stößt an Grenzen. Dabei verschleiern die Begriffe von ‚Management‘, ‚Fitness’, ‚Effizienz’, ‚Kunden’ usw. nicht zuletzt die grundlegenden sozialen und politischen Konflikte der Organisation sozialer ‚Problembearbeitung‘ als politische Herrschaft und Kontrolle im Sozialstaat, u.a. auch in Diensten mächtiger ökonomischer oder Kapitalinteressen.


Basisliteratur:

Schröter, Eckard/Wollmann, Hellmut (2005): New Public Management, in: Blanke, Bernhard et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform (3. Aufl.), Wiesbaden: VS-Verlag, S. 63-74, Download (cc).

Jann, Werner (2005): Neues Steuerungsmodell, in: Blanke, Bernhard et al. (Hg.): Handbuch zur Verwaltungsreform (3. Aufl.), Wiesbaden: VS-Verlag, S. 74-84, Download (cc).


Weiterführend:

Bogumil, Jörg/Grohs, Stephan/Kuhlmann, Sabine/Ohm, Anna K. (2007): Konzepte der Verwaltungsmodernisierung (Kap. 2) in: dies., Zehn Jahre neues Steuerungsmodell: Eine Bilanz kommunaler Verwaltungsmodernisierung, Berlin: Edition Sigma, S. 23-35, download (cc).

Voigt, Rüdiger/Walkenhaus, Ralf (Hg.) (2006): Handwörterbuch zur Verwaltungsreform, VS-Verlag, Wiesbaden, download (Springer-Link f. öff. Bib./via VPN oa).


siehe auch: Kritik und Bilanzen des NPM


Präsentation:

Roth, Günter (2008): New Public Management in der Kommunalverwaltung (Powerpoint-Präsentation) download (oa).