Organisationsentscheidungen und -reformen: Rationalität & Irrationalität in Verwaltungen und Organisationen
Das klassische rationale Modell der Bürokratie von Weber geht davon aus, dass sich die Mittel der Organisation streng nach ihren Zielen und Aufgaben richten, so dass nach der Planung und Auswahl von Zielen entsprechende Planungen des Mitteleinsatzes vorgenommen werden, effektiv und effizient Zuständigkeiten und Arbeiten verteilt und Ressourcen (Finanz, Sach- u. Personalmittel) eingesetzt werden; Aufgabenerledigung wie Zielerreichung und organisatorische Mittel werden zudem laufend rational kontrolliert und optimiert u.s.w.
Dem stehen die Konzepte begrenzter Rationalität des Verhaltens und der Entscheidungen in und von Verwaltungen und Organisationen entgegen, die bis zur 'Organisierten Anarchie' reichen. Betont werden in diesen Modellen die 'Entkopplung' von Zwecken und Mitteln in Organisationen, in denen sich ein starkes ‚Eigenleben‘ entwickelt, wobei Leitbilder und Mythen, persönliche Interessen, informelle Prozesse, ‚Durchwursteln‘ usw. blühen, so dass Entscheidungsabläufe vielfach nahezu irrational verlaufen. D.h. dass organisatorische Entscheidungen und Lösungen nicht auf bestimmte Probleme und Aufgabenstellungen hin bezogen sind, sondern es vielfach umgekehrt verläuft, so das ‚Mülleimermodell‘ der Entscheidung – Lösungen suchen sich ihre Probleme.
Zwar gelten solche Entscheidungsmodelle grundsätzlich für alle Organisationen, besonders jedoch dort, wo relativ schwer messbare Ziele vorliegen, und wo auch die organisatorischen Aktivitäten nicht sehr eng mit ebenso schwer messbaren Wirkungen gekoppelt sind, nämlich in öffentlichen Verwaltungen oder in Nonprofit-Organisationen. Denn hier wird ein allgemeines oder ‚kollektives Wohl‘ ‚hergestellt‘, das zwangsläufig mit vielfältigen Interessen sowie Ideologien und Mythen aufgeladen ist – darunter insbesondere der Mythos der rationalen Herrschaft und Orientierung am Gemeinwohl selbst oder das sublime Interesse, interesselos zu sein.
Basisliteratur:
Bogumil, Jörg/Jann, Werner (2009): Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland: Einführung in die Verwaltungswissenschaft, Wiesbaden, S. 162-181 (Kap. 4.3, Entscheidungen in der Verwaltung), download (cc).
Weiterführend:
Kieser, Alfred (1996): Moden und Mythen des Organisierens, in: DBW 56/1, S. 21-39, download (cc).
Seibel, Wolfgang (1991): Erfolgreich scheiternde Organisationen: Zur politischen Ökonomie des Organisationsversagens, Politische Vierteljahresschrift, 32. Jg., Nr. 3, 479-496, download (cc).